Polly Horvath: Super reich

erschienen bei Freies Geistesleben, ab 12 Jahren

Vielfaltskriterien: Unterschiedliche Lebenswelten, sozioökonomische Verhältnisse

KIMI-Faktor: Rupert Brown stammt aus einer kinderreichen, aber sehr armen Familie. In der Begegnung mit einer wohlhabenden Familie lernt er Reichtum kennen. Virtuos entfaltet Horvath eine Geschichte voller schwarzem Humor.

Inhalt: Im Mittelpunkt steht Rupert, der von anderen Lebensumständen träumt und eines Tages versehentlich in die Schule geht. Dort bemerkt er, dass niemand da ist, da schulfrei, weil Weihnachten ist. Durch Zufall landet erim Garten der reichen Familie Rivers. Dort trifft er auf eine Welt, die ihm fremd ist. Das Weihnachtsfest ist opulent, er nimmt an den Spielen teil und gewinnt, und als er diese schon nach Hause nehmen möchte, verliert er wieder alles. Trotz des Reichtums lässt ihn die Familie mittelos nach Hause gehen. Aber dann bekommen die Familienmitglieder ein schlechtes Gewissen und laden Rupert zu verschiedenen Abenteuern ein.

Jurystimme: „Der Roman lebt vor allem von dem schwarzen Humor und den schrägen Charakteren, aber auch von dem Gegensatz von Reich und Arm. Vor allem die Rivers werden immer wieder als gedankenlos entworfen. Gerade diese Gegensätze laden zum Nachdenken ein!“

Elisabeth Steinkellner: Papierklavier

illustriert von Anna Gusella, erschienen bei Beltz & Gelberg, ab 15 Jahren

Vielfaltskriterien: Pubertät, Identität, Sozioökonomische Verhältnisse

KIMI-Faktor: In „Papierklavier“ geht es um die Pubertät, aber nicht, wie so oft, um die erste Zeit der Pubertät, sondern um die letzte. Also um die Zeit, in der neben Alkohol, Partys und Sex sich Fragen danach aufdrängen, wer man ist und wer man sein will.

Inhalt: Maia ist 16 und hält in ihrem Tagebuch in kleinen Texten und mit coolen Zeichnungen fest, was in ihrem Leben so passiert. Dabei erfahren wir nebenbei ganz viel über sie: Maia lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter und den zwei kleinen Schwestern Ruth und Heidi in einer kleinen Wohnung. Ihre Mutter arbeitet sehr viel, um die Familie zu ernähren. Wenn sie nach Hause kommt, ist sie wahnsinnig erschöpft und schläft oft schnell auf dem Sofa ein. Die drei Schwestern sind von drei verschiedenen Vätern, die sich aber alle nicht kümmern, weder mit Geld noch sonst. Maias Vater war fünf Jahre lang für Maia da. Dann kam er plötzlich nicht mehr nach Hause – er hatte einfach mit einer anderen Frau eine neue Familie gegründet. Maia kümmert sich um ihre Schwestern, sie legt sogar eine Extraschicht in ihrem Nebenjob ein, um der klavierbegabten Heidi die Stunden zu bezahlen. Da sie kein eigenes Klavier haben, übt Maias kleinste Schwester mit einer Tastatur aus Papier.

Jurystimme: „Das Buch vermittelt eine Ahnung davon, wie es ist, wenn Eltern kein Geld haben, wenn Wohnverhältnisse beengt sind und wenn kein Geld für modische Kleidung da ist. Und auch für das, was eigentlich noch viel schlimmer ist, wenn Eltern keine Zeit haben. (Mirai)“

Nasrin Siege: Wenn der Löwe brüllt

illustriert von Barbara Nascimbeni, erschienen bei Peter Hammer, ab 5 Jahren

Vielfaltskriterien: Sozioökonomische Verhältnisse, Interkulturalität, Selbstbehauptung

KIMI-Faktor: Auf eindrückliche Weise erzählt das Buch in bunten, aber schroffen Bildern die Geschichte zweier Kinder, die auf der Straße leben.

Inhalt: Die beiden Jungen Emanuel und Bilali leben auf der Straße. Wenn sie morgens aufwachen, ist kein Tisch gedeckt und nach dem Spielen wartet keine Mahlzeit auf sie. Sie wissen sich zu helfen, um das Brüllen des Löwen – ihren eigenen Magen – zu bändigen: arbeiten, betteln, stehlen. Sonst tun Emanuel und Bilali das, was andere Kinder auch tun. Sie spielen in der Sonne und lachen und denken sich aus, wie es wird, wenn sie groß sind und Busfahrer oder Präsident wären.

Jurystimmen: „Dieses Buch schafft kein Mitleid, es verlangt uns Respekt für Straßenkinder ab.“

„Opfer und nichts weniger als Schattenwesen. Sie sind wie unsere Kinder: verspielt, hoffnungsvoll, liebenswert.“

Christoph Drösser: 100 Kinder

illustriert von Nora Coenenberg, erschienen bei Gabriel, ab 8 Jahren

Vielfaltskriterien: Lebensverhältnisse von Kindern weltweit, Sozioökonomische Verhältnisse, Armut

KIMI-Faktor: Dieses Buch bietet eine globale, statistisch aufbereitete Sicht auf das gegenwärtige weltweite Kinderleben.

Inhalt: Das Buch stellt ein Gedankenexperiment vor: Wenn es 100 Kinder auf der Welt gibt (es sind 2 Milliarden Kinder unter 15 Jahren!), dann zeigt das Buch, wie viele davon arm sind, wie viele Analphabet*innen, wie viele ein Fahrrad besitzen (fast die Hälfte) und wie viele keine Schuhe tragen (16). Es beantwortet zudem die Fragen Wo leben die meisten Kinder? Wie leben sie? Mit wem leben sie zusammen? Wie verbringen sie ihre Zeit? Was lernen sie und wie geht es ihnen?

Jurystimme: „Das Buch macht eines besonders deutlich: So viele Kinder leben in Armut und einfachsten Verhältnissen.“

Sarah Jäger: Nach vorn, nach Süden

erschienen bei Rowohlt, ab 14 Jahren

Vielfaltskriterien: Soziolekt, Coming-of-age, Armut, sozioökonomische Verhältnisse

KIMI-Faktor: Ein mutiges Soziogramm über junge Menschen. Insbesondere der Soziolekt beeindruckt und macht die soziale Bedeutsamkeit des Sprachgebrauchs deutlich.

Inhalt: Dieses Buch kommt mit scheinbar harmlos wirkenden Episoden aus dem Leben von Jugendlichen daher. Lena heißt eine junge Frau, Erstsemester, die bei ihren Eltern ausgezogen ist. Die Unterstützung der Eltern reicht nicht, weswegen sie im Penny-Markt einer Ruhrgebietsstadt einen Nebenjob hat. Und der ist fast so etwas wie der Mitgliedsantrag bei besagter Hinterhof-Truppe. In der Hinterhof-Clique heißt Lena „Entenarsch“. Warum? Weil jeder einen Namen bekommt von Jo. Jo aber ist seit einiger Zeit verschwunden. Ein anderer Grund für die Suche ist Marie. Sie vermisst Jo, sie liebt ihn. Noch immer und trotz allem.

Jurystimme: „Das Buch erzählt junge Charaktere auf faszinierende Weise.“