Kyra Groh: Sicherheit ist eine verdammt fiese Illusion

erschienen bei Atrium, ab 14 Jahren

Vielfaltskriterien: Analgesie, Identität, Liebe, seltene Krankheit, Selbstfindung

KIMI-Faktor: Man begleitet Mia durch ihr „schmerzloses“ Leben, ihre Sorgen, Ängste und Nöte. Freut sich mit ihr und bangt um sie.

Inhalt: Mia leidet an Schmerzunempfindlichkeit. Sie wünscht sich nichts mehr, als dass sie endlich Schmerzen spüren könnte, denn die sind ein Warnsignal des Körpers, der anzeigt, dass irgendetwas nicht stimmt. Im Fitnessstudio ihres Vaters lernt sie Jake kennen. Der lebt in einem großen, prachtvollen Haus, in dem sich sein Vater Nacht für Nacht betrinkt und seine Unzufriedenheit an Jake, seinem kleinen Bruder und der Mutter auslässt. Ständig schreien sich die Eltern an, ein normales Leben ist nur noch eine ferne Erinnerung. Erlösung findet er im Fitnessstudio, wo er seine Ängste und Sorgen vergessen kann. Hier lernen Mia und Jake sich kennen und verlieben sich ineinander.

Jurystimme: „Das Buch erzählt melancholisch vom Schmerz, Schmerzen nicht spüren zu können und von allem, was Jugendliche fühlen.“

Elisabeth Steinkellner: Papierklavier

illustriert von Anna Gusella, erschienen bei Beltz & Gelberg, ab 15 Jahren

Vielfaltskriterien: Pubertät, Identität, Sozioökonomische Verhältnisse

KIMI-Faktor: In „Papierklavier“ geht es um die Pubertät, aber nicht, wie so oft, um die erste Zeit der Pubertät, sondern um die letzte. Also um die Zeit, in der neben Alkohol, Partys und Sex sich Fragen danach aufdrängen, wer man ist und wer man sein will.

Inhalt: Maia ist 16 und hält in ihrem Tagebuch in kleinen Texten und mit coolen Zeichnungen fest, was in ihrem Leben so passiert. Dabei erfahren wir nebenbei ganz viel über sie: Maia lebt mit ihrer alleinerziehenden Mutter und den zwei kleinen Schwestern Ruth und Heidi in einer kleinen Wohnung. Ihre Mutter arbeitet sehr viel, um die Familie zu ernähren. Wenn sie nach Hause kommt, ist sie wahnsinnig erschöpft und schläft oft schnell auf dem Sofa ein. Die drei Schwestern sind von drei verschiedenen Vätern, die sich aber alle nicht kümmern, weder mit Geld noch sonst. Maias Vater war fünf Jahre lang für Maia da. Dann kam er plötzlich nicht mehr nach Hause – er hatte einfach mit einer anderen Frau eine neue Familie gegründet. Maia kümmert sich um ihre Schwestern, sie legt sogar eine Extraschicht in ihrem Nebenjob ein, um der klavierbegabten Heidi die Stunden zu bezahlen. Da sie kein eigenes Klavier haben, übt Maias kleinste Schwester mit einer Tastatur aus Papier.

Jurystimme: „Das Buch vermittelt eine Ahnung davon, wie es ist, wenn Eltern kein Geld haben, wenn Wohnverhältnisse beengt sind und wenn kein Geld für modische Kleidung da ist. Und auch für das, was eigentlich noch viel schlimmer ist, wenn Eltern keine Zeit haben. (Mirai)“

Marco Viale: Ich bin der König!

erschienen bei Freies Geistesleben, ab 3 Jahren

Vielfaltskriterien: Identität, Ängste erkennen und zulassen

KIMI-Faktor: Jeder Mensch kann bestimmte Dinge sehr gut und manche gar nicht. Die Stärke des einen, ist die Schwäche des anderen – was einander bestens ergänzt.

Inhalt: Der Protagonist in der Geschichte ist ein König. Aber er ist nicht irgendein König, er ist der Größte und der Stärkste. Aber er hat Angst. Angst vor der Dunkelheit. Marco Viale erzählt eine Geschichte von Hochmut, welche ganz minimalistisch illustriert ist. Doch das Ende überrascht die Leser*innen, zaubert ihnen ein Schmunzeln ins Gesicht und lädt dazu ein, direkt noch einmal von vorne zu beginnen.

Jury-Stimme: „Ein dialogfähiges Buch, welches zu Überlegungen über die eigenen Stärken und Schwächen und ihr Verhältnis zueinander anregt.“

Laura Zimmermann: Meine Augen sind hier oben

erschienen bei Atrium, ab 14 Jahren

Vielfaltskriterien: starke Frauen, Sexismus, Identität, vielfältige Körperformen

KIMI-Faktor: Ein Buch, das eigentlich jeder (junge) Mensch gelesen haben sollte, unabhängig davon, ob er Brüste hat oder nicht. Denn Vielen dürfte gar nicht bewusst sein, wie viele Menschen ein Problem mit ihren Brüsten haben, sich für sie schämen, gehänselt oder verspottet werden. Dieses Buch befasst sich mit diesem eher selten behandelten Thema, klärt auf und zeigt: „Du bist nicht allein“.

Inhalt: Die fünfzehnjährige Greer Walsh ist klug, witzig und ein Ass in Mathe. Sie ist aber auch das Mädchen mit den großen Brüsten, dass sich dafür schämt und sich in großen Sweatshirts versteckt. Sport, Ausgehen, Jungs – Fehlanzeige. Greer hält sich im Hintergrund, um möglichst nicht aufzufallen und keine Angriffsfläche für den Spott ihrer Mitschüler zu bieten. Als sie Jackson Oates kennenlernt, der neu an ihrer Schule ist, und plötzlich ein Platz in einer Sportmannschaft zum Greifen nah ist, muss sie sich entscheiden, ob sie sich weiterhin verstecken will.

Jury-Stimme: „Dieses Buch bietet vielfältige Figuren mit Identifikationspotenzial.“

Tobias Steinfeld: Kein Plan

erschienen bei Thienemann, ab 13 Jahren

Vielfaltskriterien:

Identität, Schulabbruch

KIMI-Faktor:

Das Buch erzählt die Geschichte eines Jungen, der die Schule abbricht und sich auf die Suche nach seiner Zukunft begibt.

Inhalt: Abi, Lehre, Start-up – Zukunft geht klar! Für die meisten jedenfalls, die auch gleich ein paar nette Ideen für Alberts Zukunft anzubieten haben. Sein Vater rät zum Studium, seine Freundin will, dass er Maurer wird, das gibt Muskeln! Nur Albert selbst hat keinen Plan, was er nach der Schule machen soll. Seine Verzweiflung führt ihn in ein verrücktes Abenteuer, das mit einer Rudermaschine beginnt, ihn auf einen Schäferhof führt und mit Freunden fürs Leben endet. Und dazwischen? Schräge Außenseiter, ein Drohbrief, Wölfe, ein Kuss und jede Menge Schafe.

Jurystimme: „Das Leben ist eine Reise, bei der man nicht weiß, wann man angekommen ist. Beruhigend aber ist es zu wissen, wo man gerade steht.“

„Jugend ist in eine Zeit, in der es erlaubt ist, aus seinem Leben vorerst nichts zu machen.“

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Tania Witte: Die Stille zwischen den Sekunden

erschienen in dtv, ab 12 Jahren

Vielfaltsmerkmale:

Menschen mit Fluchterfahrungen, People of Color, inter- bzw. transkulturelle /interreligiösen Lebenswirklichkeiten, Wertevielfalt, Sprachvielfalt und Sprachpraxen, Kulturen und Herkunft erfahrbar machen, Erfahrungen mit Trauma, Krankheit, Tod, Verlust, Identität

KIMI-Faktor:

Dieses Buch macht Kontraste deutlich: Leben und Tod, Planen und Zufall, Leid und Glück. Die Themen sind vielfältig, aber aus authentischen Perspektiven erzählt. Am Ende stehen die Fragen: Wer bin ich? Und Was will ich vom Leben?

Inhalt: Mara ist „das Mädchen, das überlebt hat“, denn nur knapp ist sie einem Bombenattentat in der Hannoveraner U-Bahn entkommen. Seitdem ist für sie nichts mehr, wie es war. Die Eltern ihrer besten Freundin Sirîn lassen diese nicht mehr aus dem Haus und Sirîn meldet sich auch immer seltener. Mara sorgt sich um ihre beste Freundin und versucht, gemeinsam mit ihrem heimlichen Schwarm Chriso, herauszufinden, was bei Sirîn zu Hause los ist. Und am Ende ist dann nichts so, wie es scheint.

Jurystimme:

‚‚Die Stille zwischen den Sekunden’ ist ein packender Jugendroman, der von der ersten bis zur letzten Seite spannend ist. Jugendliche sollten mit diesem Roman jedoch keinesfalls alleine gelassen werden, da insbesondere das Ende psychisch sehr belastend und für die Protagonistin traumatisch ist. Dennoch ist das Buch sehr empfehlenswert, da es einen mitreißenden Schreibstil und liebevoll ausgearbeitete, vielfältige Charaktere mit interessanten Hintergründen hat. Beispielsweise wird einiges über die kurdische Kultur von Sirîns Familie erfahrbar gemacht, die vor Jahren aus ihrer Heimat geflohen sind. Auch soziale Medien werden indirekt kritisch unter die Lupe genommen, da Maras Schwarm Chriso auf dem Schulhof aufgenommene Videos im Netz hoch lädt und diese kommentiert.’’

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Kirsten Boie: Vom Fuchs, der ein Reh sein wollte (CD)

gesprochen von: Karl Menrad, erschienen bei: Jumbo, ab 6 Jahren

Vielfaltskriterien:

Toleranz, Freundschaft, Mut, Zugehörigkeitsgefühl, Identitätsfindung, Familienkonstellationen

KIMI-Faktor:

Kann manGewohnheiten, Herkunft, Familie, Mentalität ändern, seine Vergangenheit über Bord werfen oder bleibt man immer man selbst? In dem tierischen Abenteuer geht es um Toleranz, um die Bedeutung von Freundschaft, Mut und Zugehörigkeitsgefühl.

Inhalt:

Es brennt im Wald. Die Waldtiere fliehen und versuchen, sich in Sicherheit zu bringen. Nach der Feuerbrunst hockt da ein „kleines graues Puscheliges“ und weint – ein kleiner Fuchs, der ein Reh sein wollte. Die Rehmutter nimmt sich des kleinen Fuchses an. Das Leben in der Rehfamilie ist für den kleinen Fuchs ungewöhnlich. Aber er ist nun nicht mehr allein. Er findet Freunde, auch oder möglicherweise gerade weil er viele Dinge ganz anders macht. Oder entstehen Freundschaften sowieso aus ganz anderen Gründen? Karl Menrad spricht anrührend, trägt Geborgenheit in die Kinderzimmer. Er fiept, schnaubt, zwitschert und grunzt die verschiedenen Tierstimmen gut unterscheidbar. Seine Stimme baut unaufdringlich Spannungsmomente auf und lässt die Bewegung der Tiere spüren.

Jurystimme: „Ein wichtiges Hörbuch zum Thema Vielfalt, welches durch eine glaubhafte Stimme eine schöne Geschichte lebendig werden lässt.“

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Jutta Treiber: Na ja

illustriert von: Susanne Eisermann, erschienen bei: Tyrolia, ab 4 Jahren

Vielfaltskriterien:

vielfältige Körperformen, Selbstbestimmung, Identität

KIMI-Faktor:

Das Buch mit seiner aussagekräftigen Sprache und seinen reduzierten Bildern regt dazu an, sich mit einer Vielzahl an Themen wie Selbstliebe, Selbstzweifel, Fremd- und Selbstbestimmung sowie Individualität auseinanderzusetzen.

Inhalt:

Auf dem Cover zeigen sich das Dreieck, der Kreis und das Quadrat nur halb. Sie sind unzufrieden mit ihrem Äußeren. Der eine findet sich zu rund, der andere zu spitz und wieder ein anderer zu eckig. Der Figurendoktor weiß Rat: „Kein Problem!“. So unterziehen sich die Drei einer schweren Prozedur und sehen danach noch unglücklicher aus als zuvor. Es wird abgesaugt, weggenommen und eingeschnürt, bis alle drei eiförmig und passiv dreinblicken. So geht der Figurendoktor erneut ans Werk und verändert die Figuren so stark, dass sie sich nun gar nicht mehr aufs Bild trauen. Am Ende wollen alle drei sie selbst sein. Die klaren Figuren in Aquarelltechnik gemalt, wirken verletzlich und verletzt und unterstreichen somit den schwierigen Weg zu sich selbst zu finden.

Jurystimme:

„Jedes ist, wie es ist“ (Emma, 5)

„Eine Geschichte von Einigen, die auszogen, um sich selbst lieben zu lernen.“

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Constanze von Kitzing: Ich bin anders als du – Ich bin wie du

illustriert von: Constanze von Kitzing, erschienen bei: Carlsen, ab 3 Jahren

Vielfaltsmerkmale:
Vorurteile hinterfragen, Geschlechterzuschreibungen, Identität

Der Kimi-Faktor:
Constanze von Kitzing ist mit „Ich bin anders als du – Ich bin wie du“ ein kluges Pappbilderbuch gelungen, das sowohl den Kleinsten als auch älteren Kindern und Erwachsenen einen Spiegel vorhält. Das Wendebuch gibt ein gutes Gefühl von Zusammengehörigkeit. Es nähert sich einmal über die Gemeinsamkeiten und einmal über die Unterschiede, jedoch nicht über die zunächst offensichtlichen. So gelingt es dem Buch mit unseren Vorurteilen zu spielen und diese auf liebevolle Weise zu hinterfragen, ohne mit dem erhobenen Zeigefinger daherzukommen.

Inhalt:

Ein Pappbilderbuch mit ganz viel Inhalt! Hier begegnet uns eine Vielzahl an Kindern mit einer Vielfalt an Körperformen, Familienkonstellationen und Interessen. Das Buch ist zum Wenden. Dabei gehören stets zwei Doppelseiten zusammen. Zum Beispiel sieht man auf einem Bild zwei Kinder mit Lockenköpfen und den Satzbeginn „Ich bin wie du, weil…“. Auf der nächsten Seite folgt die Auflösung, welche nichts mit der Frisur zu tun hat: „…wir gerne teilen.“ Bei „Ich bin anders als du“ wird dieses Prinzip ebenso aufgegriffen. So sieht man beispielsweise den Satzanfang „Ich bin anders als du, weil…“ mit einem Jungen und einem Mädchen. Beim Umblättern folgt dann die Auflösung: „ich mit rechts male und du mit links“. Diese Überraschungsmomente durchziehen das gesamte Buch. Sie spielen mit den eigenen Erwartungen und Vorurteilen und zeigen auf: Vielfalt ist so viel mehr als die Stereotypen in unseren Köpfen. In der Mitte des Buches folgt die gemeinsame Erkenntnis: „Ich bin ich!“.

Jurystimme:

„Ein Buch, welches bereits die Kleinsten begeistert und ermuntert, genau hinzusehen.“

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