Eigentlich wollten wir in diesem Jahr ein großes Festival mit euch feiern, dessen Höhepunkt die KIMI-Siegelverleihung werden sollte. Eigentlich. Aber dann kam es für uns alle anders. Und trotzdem wollen wir mit euch feiern: 4 Wochen lang wird es ein Online-Festival geben! Am Freitag, den 03. Juli geht es los: Die ersten PreisträgerInnen werden verkündet – wir starten mit der Kategorie Bilderbuch. Und dann gibt es jeden Tag eine Überraschung auf Instagram und Facebook: Interviews, kleine Workshops und vieles mehr! Jede Woche werden freitags weitere PreisträgerInnen aus den Kategorien erzählendes Kinderbuch, Jugendbuch und schließlich Longseller verkündet – aus über 370 eingereichten Büchern wählten die Jurys die vielfältigsten, spannenden, tollsten Bücher aus!
Wir sind immer noch vollkommen überwältigt: Gegen 200 Mitbewerber*innen konnten wir uns durchsetzen und sind Gewinner*innen der nationalen Wildcard der Frankfurter Buchmesse! Unsere Planungen laufen jetzt schon auf Hochtouren und wir freuen uns über diese tolle Chance, das Thema Vielfalt in Kinder- und Jugendbüchern einem großen Publikum präsentieren zu können.
Nach der Siegelvergabe ist ja sofort schon wieder vor der Siegelvergabe – nämlich der des KIMI-Siegels 2019! Liebe Verlage, Autor*innen, Illustrator*innen, Bücherliebhaber*innen: Teilt uns mit, welche tollen, spannenden, diskriminierungssensiblen und vielfältigen Kinder- und Jugendbücher 2019 bereits erschienen sind oder noch erscheinen werden.
Mehr Informationen – u.a. auch zu den vorläufigen Vielfaltskriterien – gibt es hier (PDF).
Ansprechpartnerin für die Juryarbeit ist ab sofort Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert: jury(at)kimi-siegel.de
Bucheinreichungen an: Fachhochschule Clara Hoffbauer Potsdam z. Hd. Prof. Dr. Sandra Niebuhr-Siebert Kennwort: KIMI Hermannswerder 8a 14473 Potsdam
Wir sind schon voller Vorfreude, uns bald durch vielfältige Büchermassen zu wühlen!
Zum ersten Mal wurde am Donnerstag, den 9. Mai 2019 das KIMI-Siegel für Vielfalt in der Kinder- und Jugendliteratur bei einem Festakt in der Werkstatt der Kulturen verliehen.
Das Grußwort zur Veranstaltung sprach Margit Gottstein, Staatssekretärin für Verbraucherschutz und Antidiskriminierung beim Berliner Senat, die betonte, wie wichtig das KIMI-Siegel sei und dass es sich eigentlich um eine “überfällige Initiative” handele, um Menschen in ihren Lebensrealitäten sichtbar zu machen. Die Veranstaltung wurde mit viel Verve und wunderbar kurzweilig moderiert von der Schauspielerin Joana Adu-Gyamfi und Tim Gailus, bekannt aus Timster auf Kika. Über 150 geladene Gäste, darunter Multiplikator*innen aus der pädagogischen Arbeit, Buchhandel und Verlagswesen kamen zur feierlichen Preisverleihung in die Werkstatt der Kulturen nach Berlin.
Aus der Vielzahl an Neuerscheinungen aus dem Jahr 2018 wurden insgesamt 40 Bücher ausgewählt, die Geschichten in vielfältiger, diskriminierungssensibler Weise erzählen bzw. darstellen. Zu den Kategorien gehören das Bilderbuch, das erzählende Kinderbuch und das Jugendbuch. Die Partizipation von Kindern und Jugendlichen sowie Menschen mit Diskriminierungserfahrungen als Teil der Jurys ist ein wichtiger und entscheidender Aspekt im Konzept des KIMI-Siegels – viele Mitglieder der Jurys nahmen am Festakt teil.
„Wir sind sehr glücklich, dass aus der Idee zum einem Festival für Diversität in Kinderbüchern im Jahr 2018 das KIMI Siegel entstanden ist“, betont Gabriele Koné (ISTA/Fachstelle Kinderwelten), „Damit wird jährlich im Bereich Kinder-und Jugendliteratur ein sichtbares Zeichen für Diversität gesetzt. Wir möchten damit für das Thema sensibilisieren, aber auch zu mehr vielfältiger Literatur verhelfen.“
Alle ausgezeichneten Bücher gibt es hier zum Download als PDF: KIMI-Siegel-Bücher.
Das KIMI-Plakat liegt den kommenden Ausgaben unserer Medienpartner BÜCHERmagazin, Eselsohr und BuchMarkt bei.
Der KIMI-Faktor: Das Buch beschäftigt sich u.a. mit dem in der Kinderliteratur oft vernachlässigten Thema Armut und zeigt den jungen Leser*innen konstruktiv, wie man mit Armutssituationen umgehen kann. Dabei bleibt es authentisch und realistisch: Es gibt keine „Erlösung“ aus, sondern einen guten Umgang mit der Situation. Außerdem zeigt es, dass auch Jungs-Charaktere, die nicht den üblichen Klischee-Merkmalen „stark, durchsetzungsfähig, laut“ entsprechen, tolle Kinderbuchhauptcharaktere sein können, mit denen man sich gerne identifiziert. Das Thema Trennung der Eltern wird realitätsnah und nicht probematiserend behandelt.
Inhalt: Endlich Ferien. Sechs lange Wochen. Anton ist 9 Jahre alt und vieles läuft gerade überhaupt nicht gut: Die Eltern haben sich getrennt, in der Schule wird er von Ben und dessen Clique gemobbt. Außerdem sei der „Welpenschutz“ jetzt vorbei, sagt seine Lehrerin und das Zeugnis hat er sich gar nicht erst angeschaut. Anton möchte jetzt einfach nur Ruhe. Zum Glück gibt es Meerschweinchen Pünktchen, das Anton tröstet. Leider laufen auch die Ferien nicht wie geplant.
Der Vater sagt den Papa-Sohn-Urlaub ab, weil er arbeiten muss. Mama hat gerade ihre Arbeit verloren und deswegen kein Geld, um zu verreisen – und das Auto ist auch kaputt. Aber Antons Mutter findet eine Lösung für das Ferien-Dilemma: Zu Fuß sind sie zusammen mit Meerschwein unterwegs zum nächsten Campingplatz. Als der ausgebucht ist, zelten sie kurzerhand (unerlaubt) wild im Wald, was immer wieder zu aufregenden Situationen führt. Anton lernt im Wald ein Mädchen kennen, das auch einiges an innerem Ballast mit sich herum trägt. Obwohl die beiden sehr unterschiedlich sind, werden sie Freunde – und schließlich rettet Anton dem Mädchen sogar das Leben. Und dann ist plötzlich das Meerschweinchen verschwunden und Antons Mutter kommt vom Einkaufen nicht mehr zurück… Eine ungewöhnliche und actionreiche Sommergeschichte, die Kindern Mut macht. Anton wird in diesen Ferien, die so unschön begannen, selbstbewusster und stärker – ohne sich dabei zum Superhelden zu entwickeln. Anton bleibt Anton, aber fängt an, sein Potential auszuschöpfen.
Am Schluss des Buches wird die Geschichte vom Meerschweinchen Pünktchen, das Prinzessin werden möchte, als Extra abgedruckt. Es ist Antons Einschlafmärchen, das von seiner Mutter jeden Abend im Zelt weitererzählt wird.
Das sagt die Kinder-Jury: Einige Kinder hatten zunächst Schwierigkeiten in die Geschichte hineinzukommen. Sobald dies jedoch überwunden war, wurde das Buch gerne gelesen. Ein besonderes Highlight war das kleine Lese-Extra: ein Meerschweinchen-Märchen am Buchende! Die Kinderjury fand es etwas Besonderes, dass ein ängstlicher, ruhiger Junge sich mit einem mutigen und sogar älteren Mädchen anfreundet. Antons familiäre Situation und auch die Mobbing-Thematik wurden von den Kindern zudem als sehr realitätsnah wahrgenommen.
Große Diskussionen löste jedoch das Wort „Indianer“ aus: Darf ein Buch, welches dieses diskriminierende Wort enthält, das KIMI-Siegel verliehen bekommen? Hier war sich die Jury nicht einig. Letztendlich überwogen jedoch die vielen positiven Merkmale, die der einmaligen Nennung des Wortes gegenüberstehen.
Das sagt die Erwachsenen-Jury: “Zelten mit Meerschwein” zeigt, dass es möglich ist, unterhaltsame Bücher zu schreiben, mit einem Protagonisten, der auf den ersten Blick nicht die Kriterien für “supercool” erfüllt. Antons Ängste und Sorgen werden einfühlsam und nachvollziehbar geschildert und die Leser*innen sind nah dran an seinen schließlich doch auch spannenden Ferienabenteuern. Kinder, die sich wie Anton viele Gedanken machen und nicht zu den Lauten zählen, können sich wahrscheinlich gut mit dem Hauptcharakter identifizieren. Es bleibt zu hoffen, dass der Verlag sich an aktuellen diskriminierungssensiblen Diskursen orientiert und für eine nächste Auflage die diskriminierende Bezeichnung für “Native Americans” ersetzt.
übersetzt von Cornelia Panzacchi, Thienemann, 288 Seiten, 14,99 Euro, ab 10 Jahren
ISBN-10: 3522184912 ISBN-13: 978-3522184915
Vielfaltmerkmale: People of Color, religiöse Lebenswirklichkeiten
Der KIMI-Faktor: Der spannende Fantasy-Roman präsentiert als Heldin ein starkes muslimisches Mädchen, das einen Hijab trägt und Person of Color ist.
Inhalt: Was für ein Abenteuer! Das Brettspiel, das Farah ihrem jüngeren Bruder Ahmad zum Geburtstag schenkt, entpuppt sich als Zauberwerk: Plötzlich verschwindet Ahmad ins Spielfeld! Farah und ihren Freund*innen bleibt nur ein kurzer Augenblick des Zögerns, dann springen sie hinterher und landen in einer märchenhaften Stadt voller Sanddünen, Türme und Paläste. Farah genießt bengalische Köstlichkeiten und Mondlicht, das man aus Flaschen
trinken kann. Um die Stadt wieder verlassen zu können, müssen die Freund*innen drei schier unlösbare Herausforderungen bestehen. Wer verliert, ist für immer darin gefangen. Gleichzeitig müssen sie auch noch unbedingt Ahmad finden. Ob ihnen das gelingt? Dabei ist nichts so, wie es auf den ersten Blick scheint. Geheimnisvolle Sagengestalten bewohnen die Stadt und es gibt sogar eine mysteriöse Verbindung zu Farahs Lieblingstante. Der Mut und der Zusammenhalt der Kinder werden auf eine harte Probe gestellt, doch mit viel Schläue und Witz besiegen sie den Fluch, unter dem die Stadt leidet. Ein Tanz zwischen den Welten, Kulturen, eine Einladung zur Überschreitung von eigenen Grenzen. Die Farahs Familie ist muslimisch, stammt aus Bangladesh und lebt in New York. Die bengalischen Begriffe, die immer wieder ins Buch eingestreut sind, sind in einem Glossar am Ende des Buches erklärt.
Das sagt die Kinder-Jury: Leseglück auf Umwegen! Der Titel und das Cover sind in der deutschen Ausgabe leider irreführend: Es wirkt, als handele sich die Geschichte ausschließlich von einem Mädchen. Das Cover der englischen Originalausgabe gefiel Jungen wie Mädchen deutlich besser, weil es drei verschiedene Kinder zeigt und damit dem Inhalt besser entspricht. Nach der Lektüre waren die Kinder entsprechend allesamt überrascht – und begeistert: Die Geschichte bietet eine abwechslungsreiche Handlung und Spannung pur, sowie durch die sehr unterschiedlich angelegten Charaktere der Kinder ein hohes Identifikationspotential. Das Lesen mit Hilfe des bengalischen Glossars war sehr interessant!
Das sagt die Erwachsenen-Jury: Eine spannende Fantasy-Geschichte, in der eine Gruppe von Kindern unterschiedlicher Charaktere und Fähigkeiten abenteuerliche Herausforderungen bewältigen muss. Farah und ihr Bruder sind People of Color. Kritisch anzumerken ist aus unserer Sicht, dass Farahs jüngerer Bruder Symptome von ADHS zeigt, was aber im weiteren Verlauf der Geschichte nicht weiter aufgenommen wird und die Eltern Farah viel Verantwortung für ihren Bruder übertragen. Auch wenn Farah im gesamten Verlauf der abenteuerlichen Geschichte aktiv und ihr Charakter nicht einer mädchenhaften Klischeedarstellung entspricht, so treten in ihrem Verhältnis zum Bruder doch die üblich weiblich gelesenen Verhaltensweisen zutage: Ausgleichend, deeskalierend, mit schlechtem Gewissen, weil sie das Gefühl hat, den Bruder im Stich zu lassen. Wir denken, der Charakter Farah hätte das Zeug dazu gehabt, übliche Geschlechterrollen zu verlassen. Besonders gut hat uns gefallen, dass es am Ende eine nachvollziehbare Erklärung für den „bösen“ Gegenspieler gibt. Schade, dass das Cover der deutschen Ausgabe so exotisierend ist, ebenso wie das altertümliche Setting der „orientalischen“ Stadt.
Der KIMI-Faktor: Das Buch versucht ein für junge Kinder schwer greifbares Thema fassbar zu machen: Depression. Obwohl etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann im Laufe des Lebens von einer Depression betroffen ist – und damit auch viele Eltern – findet das Thema in Kinder- und Jugendbüchern viel zu selten statt. Die Rolle des Vaters ist sehr spannend. Körperlich sehr groß und stark gezeichnet, widerspricht sein Handeln vielen üblichen Geschlechterklischees: Er macht den Haushalt, pflegt die Mutter, ist sehr sanft und sensibel und immer für die Tochter da.
Inhalt: Es ist die Geschichte des Mädchens Fridi, das erleben muss, dass die Mutter immer stärker an einer Depression leidet und sich verändert. Schon das erste großflächige Bild des Buches zeigt, wie schwer diese Geschichte ist: Die Mutter liegt geschwächt im Nachthemd auf dem Sofa, abgewandt, Fridi
steht in der Tür und schaut hilflos zu ihrer Mutter – die unendlich weit weg erscheint. Der Text unterstreicht den inneren Kampf des Kindes – die „Anderen“ sagen: „Fridi, deine Mutter ist verrückt“. Aber Fridi will ihre Mutter nicht verrückt finden. Und dann gibt es auch die Momente der Nähe – Fridi und die Mama schauen sich Bücher an, die Mama liest Gedichte vor, spielt für ihr Kind Querflöte. Aber die ganze Zeit bleibt ein latent ungutes Gefühl – symbolisch angedeutet durch immer mehr vertrocknende Blumen im Hintergrund. Und die für ein Kinderbuch ungewöhnlichen Bilder, die an den Wänden der Wohnung hängen: Böcklins „Toteninsel“, der „Wanderer über dem Nebelmeer“ von Caspar David Friedrich und die „Abendlandschaft mit zwei Männern“. Auch die gedämpfte Farbgebung und der leichte Grauschleier, der die großflächigen Illustrationen überzieht, unterstreichen die melancholische Stimmung, die in der Familie herrscht. Als die Mutter sich immer mehr zurückzieht und auch ihre Musikschüler*innen vor der Tür stehen lässt, wandelt sich Fridis Stimmung in Wut: „Du bist ja doch verrückt! (…) Geh weg!“ Da tritt der Vater ins Bild: Ein großer, sehr stark wirkender Papa, ein echter Held. Auf den ersten Blick – auf den zweiten ist er sehr sensibel, übernimmt die Hausarbeiten, versorgt die Mutter. Der Vater erklärt Fridi, dass die Mutter eine Fee sei. Und nun ahnt man auch, was die angedeuteten Flügel, die die Mutter von Anfang an trägt, zu bedeuten haben. Aber für Fridi ist ihre Mutter keine Fee, denn ihrer Ansicht nach sind Feen schön, und das sei die Mutter mit ihrem Nachthemd und den verstrubbelten Haaren nicht. Der Zustand der Mutter verschlechtert sich zusehens, sie verlässt das Bett nicht mehr, liest nichts, redet nicht, hört „der Erde beim Rauschen zu“. Der Vater versucht seiner Tochter zu erklären, dass die Mutter nun für einige Zeit fort muss – offensichtlich in eine Klinik. Er nennt das „die Welt der Feen“. Bevor sich die Mutter auf „die Reise macht“, geht Fridi noch einmal zu ihr – und aus den angedeuteten Flügeln sind nun echte Feenflügel geworden. Die Mutter spielt nun noch einmal auf der Flöte und Fridi sieht: Ihre Mama ist tatsächlich eine Fee. Schließlich ist die Mutter fort – und Fridi fürchtet, dass sie nicht wiederkommt. Auf der letzten Doppelseite sieht man ein sehr inniges, zärtliches Vater-Tochter-Bild. Der Vater versichert, dass die Mama wieder nach Hause kommen wird – und Fridi fällt ein, „dass eine Fee für immer zu den Menschen gehört, denen sie sich zu erkennen gibt“, wie auch das Familienbild aus glücklichen Tagen auf der Kommode beweist.
Das sagt die Kinder-Jury: Fridi als Heldin des Buches wurde sehr gemocht. Einige Kinder waren irritiert darüber, dass die Mutter eine Fee ist. Sie diskutierten heftig darüber, ob das wirklich sein könne, ob ihre Flügel „echt“ seien und was das alles bedeute. Insgesamt war das Thema „psychische Erkrankung“ eines Elternteils in dieser Form neu für die Kinder und es ergaben sich viele Fragen und Diskussionen. Für andere Kinder war der Vater die interessantere Figur, die physisch sehr stark wirkend eine große Gefühlstiefe und Zärtlichkeit bietet. Und damit ganz anders ist als so große, starke Männerfiguren in anderen Büchern.
Das sagt die Erwachsenen-Jury: Die Geschichte ist sehr poetisch und berührend – die Illustrationen unterstreichen das wunderschön. Der innere Konflikt von Fridi – das Bild der Mutter zu bewahren, sie nicht als „Verrückte“ sehen zu wollen, aber dann der Zusammenbruch der heilen Welt, Wut, Enttäuschung, Angst vor Verlust – wird sehr authentisch und überzeugend dargestellt. Aus unserer Sicht wäre es allerdings notwendig, dass Fridi neben der tröstenden Erklärung, dass die Mutter eine Fee sei, doch auch eine sachlich richtige, altersangemessene Begründung für den Seelenzustand ihrer Mutter erhält. Die Thematik hat manches Kita-Kind überfordert: Möglicherweise ist dieses Buch eher für Kinder im Grundschulalter empfehlenswert.
Vielfaltmerkmale: Geschlechterrollen, People of Color, Inklusion, vielfältige Körperformen, verschiedene Altersstufen, Armut
Der KIMI-Faktor: Die Charaktere, die man mehr oder weniger bei ihrer Morgenroutine und auf dem Weg zur Schule sieht, sind ausgesprochen vielfältig dargestellt, es gibt People of Color, Menschen mit unterschiedlichsten Körperformen, einen Erwachsenen mit Rollator, einen mit Gehstock, ein Kind im Rollstuhl. Es gibt Menschen jeden Alters.
Inhalt: Ein Buch ganz ohne Text: Farbenfrohe Buntstiftzeichnungen illustrieren den morgendlichen Schulweg zweier Geschwister, die unterwegs Schulkamerad*innen abholen oder treffen. Wir sehen immer wieder, wie sich die verschiedenen Kinder von ihren Eltern verabschieden und zu den anderen Kindern stoßen. Viele Häuser sind offen
und zeigen vielfältige Wohn- und Lebenssituationen: Es gibt Kinder, die in einer Fischerhütte wohnen, andere leben auf einem (idealisiert dargestellten) Bauernhof oder in einem Zirkuswagen. Ein Mensch (oder eine Meerjungfrau?) mit Rollator sitzt auf einem Plumpsklo, in einer KFZ-Werkstatt gibt es frei laufende Krokodile, im Birkenwald verstecken sich Zwerge, sogar die Litfaßsäule wird von einem Mann bewohnt. Es gibt Menschen verschiedenen Alters, arm und wohlhabend – auch ein obdachloser Mensch ist zu finden. Kinder und Erwachsene sind vielfältig dargestellt, wir begegnen kleinen und großen, jungen und alten, dicken und dünnen Menschen verschiedener Hauttöne. Ein Kind benutzt einen Rollstuhl. Allerdings bleibt offen, wie es dieses Kind in die Schule schafft – am Eingang gibt es weder eine Rampe noch einen Fahrstuhl!
Das sagt die Kinder-Jury: Den Kindern machte das Buch großen Spaß, sie haben auf den Seiten immer wieder etwas Neues entdeckt. Sie haben die verschiedenen Bewegungen der Kinder nachgemacht und viel erzählt über ihre eigene Morgenroutine, Berufe der Eltern usw. Es gab einige Situationen, mit denen sie sich in dem Buch identifizieren konnten.
Das sagt die Erwachsenen-Jury: Im Buch wird Vielfalt auf beiläufige Art und Weise positiv dargestellt. Noch schöner wäre es gewesen, wenn weitere Behinderungsformen gezeigt würden und Barrierefreiheit mitgedacht worden wäre. Außerdem fehlen veilfältige Familienkonzepte.
Vielseitigkeitsmerkmal:
Menschen mit Behinderungen, Gefühle
aus verschiedenen Sichtweisen erfahrbar machen, Wertevielfalt
Kimi-Faktor: Der spannende Roman präsentiert eine abenteuerliche
Reise dreier Teenager die mit ihren verschiedenen körperlichen Handycaps
ins Ungewisse aufbrechen und sich dabei ihrer
Gefühle und Werte bewusst werden und gegenseitig
zeigen. Sie gehen gemeinsam durch dick und dünn. Auf ihrer Reise spielte es
keine Rolle welche körperlichen Probleme
jeder hat. So wurde auch das Merkmal
Kind mit Down Syndrom wunderschön
in den Roman eingebunden.
„Eine Made ist weiß. Langweilig. Und dick. Und sie nennen mich Made. Mir ist das egal. Sie können mich nennen, wie sie wollen. Ich höre sowieso nicht hin. Eigentlich heiße ich Madeleine. Ich bin fast vierzehn.“
Madeleine soll eigentlich ihre Zeit im Ferienlager in Schweden genießen. Aber auch dort kann sie nicht von ihren Erfahrungen in der Schule und ihrer Familie abschalten. In der Schule wird sie gemobbt, weil sie nicht ins typische Mädchenbild passt. Als sie auf einem Ausflug zufällig von dem Teenager Julian entführt wird, weil der einen VW-Bus brauchte, um ans Nordkap zu kommen, geht ihre Reise los. Mit Vincent, einem Jungen mit Down-Syndrom, nimmt das Abenteuer richtig Fahrt auf. Ein spannender Road-Trip durch Schweden, der so abrupt beginnt, wie er endet.
Das sagt die Jugendlichen-Jury:
In sehr schöner und verdichteter Sprache werden in diesem spannenden Roadmovie die Konflikte von drei Jugendlichen einfühlsam beschrieben. Verschiedene Vorurteile, z. B. Fatshaming und gegen geistig behinderte Menschen, werden benannt, aber hinterfragt und erklärt. Dabei fanden die Jugendlichen der Jury diese, wenn auch realistisch, doch teilweise in zu extremer diskriminierender Sprache reproduziert. Da den Vorurteilen und Diskriminierungen aber stets unmittelbar und auch von den Betroffenen selbstbewusst gekontert und widersprochen wurde, sodass sie in den Situationen ausgeräumt wurden, hat sich die Jury dennoch für das Siegel zum Buch entschieden.
Das sagt die Erwachsenen-Jury:
Eine nicht alltägliche Ausgangslage: Drei Jugendliche, die
alle in irgendeiner Weise den gesellschaftlichen Normen nicht entsprechen,
treffen in der schwedischen Wildnis aufeinander und schlagen sich mit viel
Kreativität und Courage durch. Verständlich, dass dabei gewisse Regeln nicht
immer eingehalten werden können. Die gemeinsame Reise wird auch zu einer Art
Entwicklungsprozess. Denn die Jugendlichen hegen zu Beginn durchaus Vorurteile
gegeneinander und lernen im weiteren Verlauf, dass diese den eigenen Blick
einengen und die andere Person verletzen. Indem es ihnen gelingt, die eigenen
Vorurteile aufzulösen, können sie Vertrauen zueinander aufbauen und die
Herausforderungen meistern, die ihnen begegnen. Ohne moralischen Zeigefinger
führt das Buch einfühlsam vor Augen, dass jede Person, ungeachtet ihres äußeren
Erscheinungsbildes oder ihrer psychischen Verfasstheit, Stärken und Fähigkeiten
hat.
Ein großartiger Einblick in die Gefühlswelt eines Mädchens,
das nicht in die Erwartung anderer Menschen passt. Außerdem eine spannende
Reise dreier Teenager, die sich selbst suchen und ganz nebenbei die Bedeutung
von Freundschaft entdecken. Nicht zuletzt schafft es das Buch auch noch, eine
Hauptfigur mit Down-Syndrom zu haben, ohne sie deswegen zu sehr in den
Mittelpunkt zu stellen. Mehr davon.
Eine nicht alltägliche Ausgangslage: Drei Jugendliche, die alle in irgendeiner Weise den gesellschaftlichen Normen nicht entsprechen, treffen in der schwedischen Wildnis aufeinander und schlagen sich mit viel Kreativität und Courage durch. Verständlich, dass dabei gewisse Regeln nicht immer eingehalten werden können. Die gemeinsame Reise wird auch zu einer Art Entwicklungsprozess. Denn die Jugendlichen hegen zu Beginn durchaus Vorurteile gegeneinander und lernen im weiteren Verlauf, dass diese den eigenen Blick einengen und die andere Person verletzen. Indem es ihnen gelingt, die eigenen Vorurteile aufzulösen, können sie Vertrauen zueinander aufbauen und die Herausforderungen meistern, die ihnen begegnen. Ohne moralischen Zeigefinger führt das Buch einfühlsam vor Augen, dass jede Person, ungeachtet ihres äußeren Erscheinungsbildes oder ihrer psychischen Verfasstheit, Stärken und Fähigkeiten hat.
Ein großartiger Einblick in die Gefühlswelt eines Mädchens, das nicht in die Erwartung anderer Menschen passt. Außerdem eine spannende Reise dreier Teenager, die sich selbst suchen und ganz nebenbei die Bedeutung von Freundschaft entdecken. Nicht zuletzt schafft es das Buch auch noch, eine Hauptfigur mit Down-Syndrom zu haben, ohne sie deswegen zu sehr in den Mittelpunkt zu stellen. Mehr davon.
Der Kimi-Faktor: Witzig und charmant, einfühlsam und
kindgerecht zeigt dieses Buch, was es bedeutet zu flüchten, fremd zu sein, auf
Hilfe angewiesen zu sein, Solidarität und Ablehnung zu erfahren.
Drei große Hunde und der kleine Wauwau leben auf einer Insel. Sie haben alles, was sie zum Leben brauchen: Kartoffeln, einen Pool, schönes Wetter. Doch dann bleibt der Regen aus und irgendwann gibt es kaum mehr Kartoffeln und auch aus dem Wasserhahn kommen nur noch ein paar Tropfen. Die Hunde entschließen sich dazu, die Insel in einem Boot zu verlassen. Es ist eine gefährliche Überfahrt, die sie fast mit dem Leben bezahlen. Doch sie haben Glück, völlig erschöpft erreichen sie eine Insel, auf der drei Pudel leben. Dort gibt es alles im Überfluss: Kartoffeln, ein großes Haus, Wasser. Doch einer der Pudel möchte die drei Geflüchteten nicht aufnehmen und vor allem den eigenen Reichtum nicht mit ihnen teilen. So riecht es zwar wunderbar nach Pommes, doch die drei Neuankömmlinge bekommen nur eine kleine Kartoffel und müssen draußen im Zelt schlafen. Zum Glück entscheiden die zwei „netten Pudel“, sich mit den Neuen anzufreunden. Am Ende gibt der „blöde Pudel“ seine störrische Haltung auf und es entsteht eine neue Gemeinschaft.
Das sagt die Kinder-Jury:
„Vielleicht sollten die Blöden auf die Netten hören und nicht die Netten auf die Blöden“ kommentiert Anna das Buch. Sehr interessiert und aufmerksam hörten die Kinder zu, stellten Fragen und kommentierten. Das Schicksal des kleinen Hundes berührte sie sehr und sie waren erleichtert, dass er nicht gestorben war. Auch die Ungerechtigkeit im Buch nahmen sie wahr. Ayla empört sich: „Der Hund lässt sie nicht rein, obwohl das Haus so groß ist und sie so viele Kartoffeln haben!“ Die Frage, ob sie das Buch für die Gruppe haben wollten, bejahten alle.
Das sagt die Erwachsenen-Jury:
Die Geschichte erinnert an die Fluchtgeschichten vieler Menschen, die in kleinen Schlauchbooten über das Mittelmeer kamen, um eine bessere Zukunft für sich und ihre Kinder zu finden. Anhand der drei Hunde wird die Not sehr gut deutlich und auch ihre Entscheidung, ihr Zuhause zu verlassen, ist gerade für Kinder sehr gut nachvollziehbar. Ob es sinnvoll ist, das Thema „Flucht“ anhand von Tieren darzustellen, damit sich Kinder vielleicht besser in die Not anderer einfühlen können, kann diskutiert werden.